The Lesson of Curses – Laura Cardea

Ende August ist der Auftakt von Laura Cardeas neuer Urban-Fantasy-Trilogie erschienen. Hinter magischen Gemäuern in Prag erwarten euch in “The Lesson of Curses”, dem ersten Teil der Chronica Arcana, nicht nur wellenweise Dark-Academia-Vibes und mächtig viel Sarkasmus von Badass-Protagonistin Matthea, sondern auch jede Menge nerdige Unterhaltungen zwischen den Charakteren – Nitzsche-Zitate inbegriffen. Dazu der klassische Kampf von heller und dunkler Magie, der jedoch gehörig auf den Kopf gestellt wird, während Gargoyle, Hexen, Meerfrauen und Elfen die tschechische Hauptstadt fluten.

Prag Calling: Urban Fantasy, Romantasy & Magical Dark Academia

Ich gestehe gleich vorweg, dass ich anfangs so einige Bedenken hatte. Der Klappentext von “The Lesson of Curses”* war mir zu Beginn fast schon etwas zu gewollt gegensätzlich und die Reduktion der Handlung auf ein “Boy meets Girl” wird – so meine Meinung nach dem Lesen – der Story längst nicht gerecht. Der Vorteil: Mich hat es gänzlich aus den Socken gerissen. Denn an den beiden magischen Hochschulen läuft eher wenig so, wie ich es erwartet habe, die Charakterentwicklung auch abseits der Love-Stories nimmt enorm viel Raum ein, und direkt nach dem Lesen des Buches habe ich mir erstmal einen Urlaub in Prag gebucht. Weil ich da jetzt hin muss.

Das Buch spielt auf herrlichste Weise mit Stereotypen und führt uns diese vor – während auch die Charaktere nach und nach merken, dass ein generalistisches Schwarz-Weiß-Denken selten zielführend ist.

Militärische Magie-Akademie trifft auf magische Montessori-Universität

Jedenfalls clashen zu Beginn des Buches gleich in mehrerlei Hinsicht Welten aufeinander. Da ist die schüchterne Ellie, die durch eine Panik-Attacke erfährt, dass sie eine Hexe ist. Eigentlich eher der “Jessica Day aus New Girl”-Typ, beginnt sie ihr Studium an der düsteren Academia Sinistra, in der sogar die Suche nach einem Schlafplatz ein gefährlicher Wettkampf ist. Quasi im gleichen Herzschlag findet sich die Jurastudentin Mathea in einer Wolke aus rosa Glitzerstaub und farblich passenden Schmetterlingen wieder – und obwohl sie eher die vierte Quartettkarte zu Cruella de Ville, Coco Chanel & Wednesday Addams ist, bringt man sie an die Univerzita Mystika e Magie. Diese steht der eher militärischen Academia fast schon wie eine Montessori-Schule gegenüber. Beide Protagonistinnen wirken dabei jeweils erstmal fehl am Platze und scheinen das schöne Yin und Yang und die daraus resultierende Feindschaft beider Hochschulen heftig durcheinander zu bringen.

(Falls ihr hier übrigens Anspielungen zu einer anderen magischen Internatsreihe erwartet, gern einmal hier entlang.)

Feminismus, kluge Dialoge und Sarkasmus, wohin das Auge blickt

Das mit dem rosa Glitzerstaub ist übrigens tatsächlich der Beginn des Buches und eines der besten Charakter-Intros, das ich seit einiger Zeit gelesen habe. Generell bin ich ein absolutes Mathea-Fangirl, da ich die klare Art ihrer Kommunikation und ihre Zielstrebigkeit mag. Okay und ihren überbordenden Sarkasmus. Mathea ist mein neues Spirit Animal.
Quasi mein Spirit Butterfly.
Dazu der Umstand, wie großartig es Laura Cardea gelungen ist, ihren beiden Protagonistinnen Ellie und Mathea zwei Wesenszüge zu verpassen, die für viele Hand in Hand gehen: Schüchternheit und Introvertiertheit – und dabei aufzeigt, wie unfassbar unterschiedlich beides ist. Den unterschiedlichen Perspektiven von Ellie und Mathea, die als abwechselnde Ich-Erzählerinnen fungieren, gibt das zusätzlich Tiefe. Ellie selbst ist eine sehr spannende Figur, die obwohl sie so liebenswürdig und offenherzig wirkt, noch mehr Geheimnisse zu haben scheint, als alle anderen Charaktere zusammen – ein weiterer Grund, sich sehr auf den zweiten Teil der Reihe zu freuen.

Doch zurück zum ersten Teil und der überbordenden Selbstverständlichkeit feministischer Themen in “The Lesson of Curses”*, dem diversen Cast und dem sensiblen Einbauen verschiedener Details wie den Moment, in dem Ellie bemerkt, dass sie die Pronomen einer*s ihrer neuen Mitstudierenden nicht kennt und kurzerhand nachfragt. Können wir außerdem bitte kurz darüber reden, dass es eine Hexe gibt, die im Rollstuhl sitzt? Ich weiß nicht, ob euch klar ist, wie großartig das ist. Statt mit irgendeiner Magie ihre Beine zu verzaubern, nutzt sie einen Rollstuhl. (Und einen fliegenden Besen, aber mal ehrlich: wer würde das nicht tun?) Und für die anderen Charaktere ist es absolut selbstverständlich. Leute, das ist Inklusion und es hat mich eventuell kurz zum Weinen gebracht. Es ist ein bisschen wie bei Becky Chambers, nur ohne Aliens.

Klappentext von “The Lesson of Curses”*

“Sarkasmus, Geld, Ruhe – dies sind die Dinge, die Jurastudentin Mathea liebt. Jedoch muss sie ihr gewohntes Leben aufgeben, als Helle Magie in ihr erwacht, und nach Prag an die nervtötend harmonische Univerzita Mystika e Magie gehen. Neben feministischen Magiern und Hippie-Nixen muss sie sich mit dem hochmütigen Warlock Atlas umgeben, der zur verfeindeten Academia Sinistra gehört. Hexe Ellie hadert währenddessen mit ihrem Platz an genau jener Akademie. Glücklicherweise hilft ihr Astra beim Verstehen ihrer übermächtigen Kräfte. Doch schon bald wird an einer der beiden Akademien ein Fluch entdeckt und die vier müssen zusammenarbeiten.
Aber kann die Feindschaft zwischen Schatten und Licht jemals überwunden werden?” (Quelle)

Echtes Dark Academia – und viel Role-Model-Potenzial

Zwei Punkte habe ich noch, die ich dringend hervorheben muss. Das ist einmal die grandiose Umsetzung des Dark Academia Settings. Ich lebe und liebe dieses Trope einfach und bin in den letzten Jahren so oft und so heftig enttäuscht worden. Es tut mir wirklich leid (tut es nicht), aber ein bisschen Efeu an einer alten Mauer ist kein Dark Academia. Und wenn ein Charakter auf Spotify die Nocturne No. 2 von Chopin hört und dabei verträumt über das “lex mihi ars”-Tattoo am Unterarm streicht, wird auch nicht auf magische Weise plötzlich Dark Academia draus. Wenn ihr Dark Academia wollt, lest “The Lesson of Curses” und ganz ganz besonders die klugen Banter zwischen Mathea und Atlas.

Apropos Atlas. Überhebliche Warlocks in Prinz-der-Dunkelheit-Capes sind eigentlich gar nicht so mein Ding, aber Atlas Ozerow darf auch gern mal bei mir vorbei kommen und mein Bücherregal ganz langweilig alphabetisch sortieren. Und dabei sind wir mitten im letzten wichtigen Punkt: Laura Cardea ist ein weiteres großartiges Beispiel dafür, dass gelebter Konsens zwischen Charakteren ein Buch nicht weniger sexy macht. Im Gegenteil. Wenn selbst ein überaus talentierter und hochmütiger Warlock wie Atlas sich vergewissert, dass das “ja” auch ein genau so gemeintes “ja” ist, kann das ja wohl bitte jede*r. Viele Grüße gehen übrigens raus an alle, deren Frustration bei einer gewissen Bibliotheksszene ebenfalls eine solide acht von zehn auf der Lorcan Salvaterre-Skala (“And so Lorcan did.”) erreicht hat.

Teil zwei und drei erscheinen schon im Frühjahr und Herbst 2024.

Ich versuche hier wirklich, nicht allzu begeistert zu klingen… Und scheitere dabei grandios, wie ich nach dem Lektorat des Textes feststellen muss. Aber es ist wie es ist: Dieses Buch ist definitiv eines meiner Jahreshighlights. Falls sich Autorin und Verlag entschließen sollten, aus der Trilogie (Teil zwei erscheint im Frühjahr kommenden Jahres und der abschließende dritte Teil dann im Herbst) eine längere Reihe zu machen, hätte ich nach dem Lesen des ersten Teils sowas von nichts dagegen. Denn “The Lesson of Curses”* bringt für mich vieles zusammen, was ich von einem guten Fantasy-Buch erwarte. Die Story spricht mich dazu auf der Humor-Ebene hundertprozentig an und wird durch Laura Cardeas Schreibstil einfach zu einem absoluten Lesegenuss.

Titel: The Lesson of Curses – Chronica Arcana 1*
Autorin: Laura Cardea
Formate: Broschiert und eBook
Erschienen am 30. August 2023 bei Carlsen
ISBN: 978-3-5515-8489-2
Kurzmeinung: Der Auftakt der Chronica Arcana hat mich komplett umgehauen: Nicht eine sondern gleich zwei magische Universitäten bringen Magie nach Prag. Spritzige Dialoge, durchdachte Figuren und eine kluge Handlung in einem ganz selbstverständlich inklusiven und diversen Dark Academia Setting – eine Wohlfühlstory, bei der man auf jeder Seite eigentlich extra lang verweilen will und gleichzeitig schnell weiterlesen möchte. Für mich schon jetzt ein Jahreshighlight!
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* Das Rezensionsexemplar von “The Lesson of Curses” wurde mir freundlicherweise vom Carlsen-Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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